China hustet, Europa bekommt Fieber
28 Großstädte in Nordostchina, darunter die Hauptstadt Beijing, litten im Winter 16/17 unter historischen Smog-Katastrophen. Das Fass lief über. Etliche Industriebetriebe, darunter insbesondere die aromatische Petrochemie, wurden zur Entlastung schlicht abgestellt. Folge: Stoffe wie Benzol oder Toluol wurden in China knapp und mussten importiert werden.
Wichtige Zwischenprodukte wie Caprolactam (PA), MDI/TDI (PUR) und Styrol erlebten Preisexplosionen, zunächst in China, dann in Schockwellen rund um die Welt. Europas Kunststoffbranche erlebte nach der PE-Krise im Jahr 2015 die nächste Bestätigung, wie eng die Welt zusammengerückt ist: Selten gekannte Preissteigerungswellen erfassten Teilmärkte - "wie aus dem Nichts".
Die Preisexplosion von Caprolactam in China als Folge der dortigen Smoglage trieb die Notierungen weltweit in die Höhe. Sowohl von Caprolactam als auch von dessen Polymer, dem Polyamid 6. Ein nicht vorherzusehender Effekt, der die Wertschöpfungskette in Europa damit unvorbereitet ins Mark traf.
Die Nerven lagen spätestens seit dem späten Frühjahr blank in der Polyurethan-Branche, und auch der Umgangston ging im weiteren Verlauf über den Begriff "rau" hinaus. Nicht nur der starke Preisauftrieb bei den Isocyanaten MDI und TDI machte den Unternehmen zu schaffen, hinzu kamen bei MDI Engpässe nach Force Majeure-Meldungen von Covestro und Huntsman. Insbesondere gebeutelt schien der Bausektor mit Hartschaum-Dämmplatten und Montageschäumen. BASF wühlte die Branche mit der Auslieferung von verunreinigtem TDI für Weichschäume zusätzlich auf.
Im Frühjahr trieb die knappe Versorgungslage die Styrol-Notierung und die Preise der nachgelagerten Kunststoffe auf bisherige Höchstwerte. Anders als bei den übrigen Styrolkunststoffen blieb die Lage bei EPS aber auch im weiteren Jahresverlauf extrem angespannt. Gründe dafür waren Ausweicheffekte durch die zeitweilige Marktenge bei PUR/PIR, die ausgebliebene Styrol-Bevorratung einiger EPS-Produzenten in der Hochpreisphase sowie die allgemein gute Baukonjunktur. Insbesondere bei den Dämmstoffen erzielten EPS-Produzenten in der zweiten Jahreshälfte markante Margenzuwächse, anders als sonst auch in Zeiten steigender Styrol-Preise.